
Mit Aufklärung und persönlichem Kontakt gegen Klischees
Noch immer ist das Bild vieler Menschen zum Thema Epilepsie geprägt von Klischees. In Film und Fernsehen wird ein epileptischer Anfall gewöhnlich so dargestellt, als erfordere er den Einsatz eines ganzen Rettungsteams. Oft wird in einer solchen Filmszene dem oder der Betroffenen dann ein Gegenstand in den Mund geschoben, um ein Ersticken an der eigenen Zunge zu verhindern. Zu solchen Fehldarstellungen gehört dann auch eine übermäßige Menge Schaum vor dem Mund sowie häufig Gewalttätigkeit. So lautet das ernüchternde Fazit der britischen Epilepsie-Forscherin Sallie Baxendale vom University College in London, Großbritannien, die eine Online-Umfrage zu Mythen und Vorurteilen zum Thema Epilepsie durchgeführt hat.
Fast jeder kennt den Grand-mal-Anfall, aber nur wenige wissen, was zu tun ist
Möglicherweise sind es Filmszenen wie die eben beschriebene, die dazu beitragen, dass das Epilepsiebild in der Bevölkerung durch den großen generalisierten Krampfanfall bestimmt wird. Dessen Symptome kannten immerhin mehr als 90 Prozent der Befragten in einer repräsentativen Umfrage mit mehr als 2000 Teilnehmern aus der Allgemeinbevölkerung in Deutschland. Die Symptome von Absencen oder komplex-fokalen Anfällen waren bei der Befragung im Jahr 2008 hingegen nur etwa der Hälfte der Befragten bekannt. Und nur 45 Prozent der Studienteilnehmer wussten, dass Epilepsie erfolgreich behandelt werden kann. 44 und 65 Prozent der Bevölkerung befürchteten bei der Begegnung mit einer epilepsiekranken Person, dass diese einen Anfall erleiden könnte oder sich verletzen könnte. Fast zwei Drittel der Befragten gaben an, hilflos zu sein, wenn jemand in ihrer Gegenwart einen epileptischen Anfall hätte.
Vorurteile gehen zurück, sind aber immer noch vorhanden
Der Vergleich der Ergebnisse dieser Untersuchung mit fünf früheren Studien zeigte, dass klischeehafte negative Vorstellungen über Epilepsiekranke seit 1967 abgenommen haben. Jedoch hatte auch im Jahr 2008 immer noch ein Teil der Befragten deutliche Vorurteile. So gab beispielsweise beinahe die Hälfte der Befragten (44 %) unberechenbares Verhalten als charakteristisch für Epilepsiekranke an. Fast jeder Vierte (24 %) glaubte, Menschen mit Epilepsie könnten nicht so selbstständig leben wie andere. Und elf Prozent der Befragten hielten Epilepsie für eine Form von Geisteskrankheit.

Mitarbeiter mit einer Epilepsie lösen der Studie zufolge im Vergleich zu Kollegen mit Diabetes, nach einem Herzinfarkt oder Kollegen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, höhere Verunsicherung bei Kollegen aus. Mehr als ein Drittel der Befragten hielt, ohne Berücksichtigung von Art und Häufigkeit der Anfälle, Menschen mit Epilepsie als ungeeignet für Berufe wie Metallarbeiter, Lehrer oder Krankenschwester.
Wissen und persönlicher Kontakt räumen Vorurteile aus
Als wichtigsten Einflussfaktor auf negative Einstellungen der Bevölkerung identifizierten die Studienautoren das Wissen über die (gute) Prognose und Behandlungsoptionen sowie das angemessene Verhalten bei epileptischen Anfällen. Vor allem aber persönliche Erfahrungen mit und der Kontakt zu Betroffenen können Ängste und Vorurteile gegenüber der Epilepsie wirksam reduzieren.

Entsprechend sollte sich die Öffentlichkeitsarbeit bei Epilepsie nicht auf Erläuterungen des Krankheitsbildes und der guten Behandlungsmöglichkeiten beschränken, sondern auch die emotionalen Reaktionen beim Zusammentreffen mit Epilepsiekranken sowie die tatsächlichen und vermeintlichen aus Anfällen resultierenden Risiken ansprechen, empfehlen die Autoren der Studie.
Unbegründete Ängste ausräumen
Aufklärung in eigener Sache kann für Epilepsie-Patienten aber auf jeden Fall im persönlichen Umfeld sinnvoll sein. Denn nur wenn Familienangehörige, Freunde und Partner ausreichend über die Erkrankung informiert sind und mögliche Probleme offen angesprochen werden, brauchen Betroffene nicht ständig Angst zu haben, „entdeckt“ zu werden. Und sie haben die Sicherheit, dass sie sachgemäße Hilfe erhalten, wenn dies einmal erforderlich sein sollte.

Helfen Sie also mit, Vorurteile und Unwissen gegenüber Menschen mit Epilepsie abzubauen, indem Sie sich selbst stets vor Augen halten, dass Ihre Epilepsie nicht das Wesentliche ist, was Sie als Mensch prägt, dass Sie zu sich selbst stehen und auch offen über Ihre Erkrankung sprechen – und sei es (anfangs) auch nur im kleinen Kreis von Familie, Freunden und Bekannten.
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