
Sport und Epilepsie
Regelmäßige sportliche Aktivität ist für alle Menschen gesund, auch für Menschen mit Epilepsie. Darüber hinaus bringt Sport Spaß, und Menschen mit Epilepsie können sich dadurch besser und leistungsfähiger fühlen. Deshalb sollten Menschen mit Epilepsie zumindest bei einige Sportarten aktiv dazu ermutigt werden, Sport zu machen. Sport, der meist in Gruppen durchgeführt wird, verbessert nicht nur die körperliche Fitness, sondern wirkt der sozialen Isolierung entgegen. Insgesamt werden das Wohlbefinden und die Lebensqualität von Menschen mit Epilepsie erhöht.
Dennoch betätigen sich Epilepsie-Patient:innen sportlich deutlich weniger als Menschen ohne Epilepsie. Ein Grund ist, dass viele Ärzt:innen, Eltern, Lehrer:innen oder Betreuer:innen in Sportvereinen übertrieben vorsichtig sind und Menschen mit einer Epilepsie hinsichtlich sportlicher oder sonstiger körperlicher Aktivitäten unnötig einschränken. Sportunfälle treten nicht häufiger auf als bei Menschen ohne Epilepsie. Daher sollten Menschen mit Epilepsie von Freund:innen sowie der Familie dazu ermutigt werden, sportlich aktiv zu werden oder zu bleiben.
Häufig wird befürchtet, dass ein vertieftes Atmen, welches bei körperlich anstrengendem Sport erforderlich ist, zu einer erhöhten Anfallsgefahr führen könnte. Das ist aber nicht der Fall, da die Anreicherung bestimmter Substanzen, wie Milchsäure, epileptische Anfälle hemmt. Daher heben sich bei einer körperlichen Anstrengung die Auswirkungen einer vertieften Atmung und der Anreicherung von Milchsäure gegenseitig auf.
Welche Vorsichtsmaßnahmen sollten Epilepsie-Patient:innen beim Sport beachten?
Für Menschen mit Epilepsie gelten die gleichen Vorsichtsmaßnahmen, die auch von Menschen ohne Epilepsie eingehalten werden sollten: Kopfschutz beim Radfahren und Reiten sowie sicheres Sportgerät verwenden. Allerdings sind Schwimmen und anderer Wassersport für Menschen mit Epilepsie mit besonders hohen Risiken verbunden. Ertrinken ist eine der häufigsten unnatürlichen Todesursachen von Menschen mit Epilepsie! Daher sollte generell Sport im Wasser nur unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen und mit aufmerksamen Begleitpersonen ausgeführt werden. Mehr Informationen zum Umgang mit dem Risikobereich Wasser gibt es unter „Epilepsie im Alltag“.
Epilepsie und Sportauswahl
Grundsätzlich sollten Menschen mit und ohne Epilepsie zunächst überlegen, welche Sportart ihnen Spaß bringt, denn Menschen mit Epilepsie können fast alle Sportarten weitgehend gefahrlos ausüben. Wie in allen alltäglichen Bereichen spielen auch hier die Anfallsform und
-häufigkeit eine bedeutsame Rolle.
Alle Sportarten, die auch beim Auftreten eines Anfalls keine große Gefahr für die Gesundheit mit sich bringen, können betrieben werden, so z. B. viele Ballsportarten. Hier ist es wichtig, mit Trainer:innen und Mitspieler:innen offen über die Epilepsie zu sprechen und ihnen zu erklären, wie sie beim Auftreten eines epileptischen Anfalls reagieren sollen.
Nicht betrieben werden sollten dagegen Sportarten, bei denen durch einen Anfall erhebliche Gesundheitsrisiken auftreten, nämlich solche, die mit einem Risiko von Stürzen verbunden sind (z. B. Klettern, Bergsteigen, Motorsport), solche, die zu Kopfverletzungen führen können (z. B. Boxen) und Wassersportarten (z. B. Surfen, unbeaufsichtigtes Schwimmen), die das Risiko des Ertrinkens erhöhen.
In der Regel geeignet
Angeln (begleitet)
Ballsportarten (Basket,- Hand-, Volleyball)
Bodenturnen
Bowling
Golf
Leichtathletik
Ponyreiten (begleitet)
Ringen
Rudern (begleitet)
Schnorcheln (begleitet)
Schwimmen (begleitet)
Skilanglauf
Tanzen
Tennis
Tischtennis
Bedingt geeignet
Bogenschießen
Bootfahren
Eissport
Fechten
Fußball
Geräteturnen
Gewichtheben
Hockey
Radfahren
Reiten
Ringen
Segeln
Skateboardfahren (mit Helm)
Skilaufen (leichte Abfahrten)
Trampolinspringen
Wasserski (mit Weste)
In der Regel nicht geeignet
Boxen
Bungee-Springen
Fallschirmspringen
Flugsport
Gebirgsklettern (Mehrseillängen)
Gleitschirmfliegen
Motorsport
Schießen (Pistolen/Gewehre)
Schnorcheln (unbeaufsichtigt)
Schwimmen (unbeaufsichtigt)
Skilaufen (gefährliche Abfahrten)
Skispringen
Skydiving
Surfen
Tiefseetauchen
Ernährung und Epilepsie
Ketogene Diät bei Epilepsie
Bereits seit der Antike wird versucht, Epilepsie-Patient:innen mit einer speziellen Diät zu behandeln. Heutzutage ist das Haupteinsatzgebiet der ketogenen Diät die pharmakoresistente Epilepsie im Kindes- und Jugendalter. Kinder, die nicht auf 2 oder mehr fachgerecht eingesetzte Anti-Anfallsmedikamente ansprechen, können in einigen Fällen kurz- und mittelfristig von einer solchen Diät profitieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass die ketogene Diät bei etwa einem Drittel der Kinder zu einer deutlichen Verbesserung und gelegentlich zu einer Anfallsfreiheit führen kann.
Bei der ketogenen Diät handelt es sich um eine kohlenhydratarme, jedoch fettreiche Ernährung, die den Zustand des Fastens imitiert. Ähnlich wie beim Fasten stellt sich der Stoffwechsel bei dieser Ernährungsform so um, dass dem Körper weniger Kohlenhydrate zur Verfügung stehen und deshalb vor allem körpereigenen Fette verstoffwechselt werden. In der Leber bilden sich so Ketonkörper, die dann dem Gehirn (neben Glucose) als alternativer Energielieferant zur Verfügung stehen. So decken Ketone im Fastenzustand zwei Drittel des Energiebedarfs des Gehirns ab. Warum diese Ernährungsform das Anfallsgeschehen verringern kann, ist bisher noch ungeklärt. Die Diät wird individuell berechnet und kann nur unter sorgfältiger medizinischer Aufsicht durchgeführt werden, da die ketogene Diät ein hohes Maß an Disziplin erfordert. Außerdem stößt diese Diät bei manchen Kindern wegen des weiteren Verzichts auf Kohlenhydrate (z. B. Eis oder andere Süßigkeiten) auf fehlende Akzeptanz.
Auch bei der ketogenen Diät muss mit Nebenwirkungen gerechnet werden. Etwa 50 % der Patient:innen leiden an Verstopfung, der meist durch die Zufuhr von mittelkettigen Fettsäuren und Ballaststoffen entgegengewirkt werden kann. Die Hauptsorge vieler Ärzt:innen ist, dass die ketogene Diät sich ungünstig auf die Blutgefäße und andere Organe auswirken könnte. Dies wurde jedoch durch verschiedene Untersuchungen bisher nicht bestätigt.
Durchfall und Erbrechen bei Epilepsie
Bei Durchfall oder Erbrechen werden Medikamente vom Körper eventuell nicht richtig aufgenommen. Im Fall von Anti-Anfallsmedikamenten kann dadurch die Anfallsbereitschaft steigen. Bei heftigem Erbrechen mit Entleerung des Mageninhalts innerhalb von einer halben Stunde nach Einnahme von Medikamenten kann es je nach Fall sinnvoll sein, die erbrochene
Dosis noch einmal einzunehmen. Bei Durchfall hängt es davon ab, ob es sich nur um eine kurzzeitige, für wenige Stunden bestehende Störung oder eine Magen-Darm-Infektion
handelt, die über mehrere Tage mit Durchfall verbunden ist. Bei einem einmaligen
oder nur wenige Stunden dauernden Durchfall ist meist keine zusätzliche Einnahme der Anti-Anfallsmedikamente erforderlich, während dies bei länger dauernden Durchfallbeschwerden häufiger der Fall ist. Wie im individuellen Fall bei Erbrechen oder Durchfall vorzugehen ist, sollte mit dem behandelnden ärztlichen Personal abgestimmt werden.
DE-N-DA-EPI-2000017 Aktualisierung: Dezember 2022